Ruandas Frauen haben eine rasante Erfolgsgeschichte hinter sich: Mit einem Frauenanteil von rund 60 % im Parlament und Platz 6 im »Global Gender Gap Report 2015« (misst den Unterschied in der Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern). Zum Vergleich: Deutschland liegt im Gender Gap auf Platz 11. Tendenz steigend: 2018 erreicht Ruanda Platz 5, während Deutschland auf Platz 12 »gerutscht« ist. Und von den europäischen Frauenquoten innerhalb und außerhalb des Parlaments möchten wir an dieser Stelle gar nicht sprechen.
Ruandas blutige Geschichte
Dennoch, so verheißungsvoll diese Geschichte heute klingt, so blutig war ihr Anfang. Erst 22 Jahre ist es her, dass der grausame Völkermord fast einer Million Tutsis und Hutus das Leben kostete. Das 100tägige Morden war von einer unglaublichen Gewalt geprägt. Nachbarn töteten Nachbarn, Lehrer ihre Schüler, Nonnen verbrannten Gläubige, Kinder erschlugen Kinder. Die Flüsse führten mehr Leichen als Schwemmholz.
Ruandas Frauen in der Nachkriegszeit
Man wagt es kaum auszusprechen, aber der Genozid löste auch eine positive Entwicklung aus: die Emanzipation der Frauen. Sie lernten zu überleben, selbstständig zu handeln. Zahlreiche Witwen waren 1994, nach dem Genozid, plötzlich vollkommen verarmt. Sie durften damals weder erben noch Land besitzen und hatten keine Ahnung wie sie mit ihren Kindern überleben sollten. Doch dann taten sie sich zusammen und begannen das Land Schritt für Schritt wieder aufzubauen. Sie gründeten Unternehmen, bestellten die Felder, reparierten Häuser, teilten die rund 100.000 Waisenkinder unter sich auf und machten politisch Karriere. Schätzungen gehen davon aus, dass unmittelbar nach dem Konflikt 70 Prozent der Bevölkerung weiblich waren. Emanzipation war für diese Frauen plötzlich überlebenswichtig.
Ruandas Gleichberechtigung erst seit 2003 in der Verfassung verankert
2003, neun Jahre nach dem Völkermord, gab sich das Land eine neue Verfassung. Von nun an waren Frauen vor dem Gesetz vollkommen gleichberechtigt, was zu einem außergewöhnlichen Wirtschaftswachstum beigetragen hat, von dem bis heute eine breite Bevölkerungsschicht profitiert. Zahlen der Weltbank belegen, dass Ruanda weltweit zu denjenigen Ländern gehört, die sich in den vergangenen 15 Jahren am schnellsten entwickelt haben.
Ruanda – Firmengründung leicht gemacht
In Ruanda kann man innerhalb eines Tages seine eigene Firma registrieren lassen. Gratis und ohne bürokratischen Aufwand. Hilfreich ist an dieser Stelle sicher auch eine Image-Kampagne der Regierung für Produkte »Made in Rwanda«. Ruanda ist unter anderem auch dabei, eine eigene Textilindustrie aufzubauen und erhebt mittlerweile hohe Zölle auf den boomenden Import von Second-Hand-Kleidern aus Europa und den USA. Kigali, die Hauptstadt Ruandas ist eine der wenigen afrikanischen Metropolen mit einem verkehrsberuhigten Zentrum. Hier gibt es Straßenlaternen (die funktionieren), Lichtsignale (an die sich alle Verkehrsteilnehmer:innen halten) und eine Helmpflicht für Motorradfahrer:innen. Was es nicht gibt: Plastiktüten. Die wurden vor ein paar Jahren von der Chefin der Umweltbehörde verboten.
Ruandas Mittelschicht: Bürgersteige kehren und Kaffee trinken
Dass Ruandas Städte generell sehr sauber und gepflegt wirken, liegt daran, dass sich die Menschen in Ruanda gemeinsam um den öffentlichen Raum kümmern. Anders als bei der typisch deutschen »Kehrwoche« wird in Ruanda aber auf Gemeinschaftsarbeit gesetzt. Immer am letzten Samstag im Monat wischt man zusammen mit den Nachbar:innen den Bürgersteig, pflanzt ein Blumenbeet, sanieren eine Straße oder bauen Häuser für Arme. Nach getaner Arbeit werden Probleme besprochen. Dabei haben die Frauen auch gleich ein strenges Auge auf ihre unmittelbare Umwelt. Wer seine Tochter nicht in die Schule schickt oder seine Frau schlägt, wird öffentlich zur Rede gestellt. Eine Form von Zivilcourage, die uns allen gut täte.
Ruandas Post-Genozid-Generation trinkt Cappuccino
Ruanda hat sein eigenes Starbucks, das Bourbon Coffee. Hier trinkt die Post-Genozid-Generation Cappuccino und isst Schwarzwälder-Kirschtorte. Und sie ist überzeugt davon, dass jede/jeder, die/der etwas »im Kopf hat«, in Ruanda auch Erfolg haben kann. Dabei interessiert es die Menschen hier nicht, den Westen zu kopieren. Das meiste was an Technologie im eigenen Land entwickelt wird, dient dazu, die Alltagsfragen des Landes bzw. für Afrika zu lösen.
Ruanda – kleines Land ganz groß
Denn ist Ruanda winzig. Es ist nur halb so groß wie die Schweiz. Wie ein Bauchnabel liegt es inmitten des afrikanischen Kontinents. Der Frauenanteil im ruandischen Parlament ist weltweit am höchsten und beträgt rund 60 Prozent. Die Parlamentarierinnen haben einiges bewirken können, doch man darf ihren Einfluss nicht überschätzen. Die Leitplanken setzt nach wie vor ein Mann: Präsident Paul Kagame. Seit dem Jahr 2000 im Amt, ließ der Machthaber sogar die Verfassung ändern, damit er für eine dritte Amtszeit antreten konnte. Zudem berichten Amnesty International und Human Rights Watch darüber, dass politische Gegner:innen verfolgt würden und nicht selten ohne angemessene Gerichtsverfahren inhaftiert werden. Dennoch, der Rückhalt für Kagame ist groß: Ohne seine klare Linie und seine feste Hand, so sagen viele, hätte sich das Land niemals so rasch entwickelt. Es ist ein Handel, den viele bewusst eingehen: wirtschaftliche Entwicklung gegen politische Freiheit.
Ruanda – wenig Korruption, viele Sozialleistungen
Was an dieser Stelle vielleicht verwundern mag, Ruandas Korruptions-Index ist niedriger als in zahlreichen europäischen Ländern. So gut wie alle Einwohner:innen haben eine Krankenversicherung und die meisten Arbeitnehmer:innen eine Pensionskasse. Es gibt einen staatlich geregelten Mutterschaftsurlaub und der Schulbesuch ist obligatorisch. In Ruanda gehen die Menschen heute doppelt so lange in die Schule wie noch vor zwei Jahrzehnten – und sie leben auch doppelt so lange.
Gorillas im Nebel – Ruanda ist auch das Land der Menschenaffen
Eine Millionen Urlauber:innen kommen jedes Jahr, um etwas über die Geschichte zu lernen und Ruandas Nebelwälder, Seen und Nationalparks zu besuchen. Wer will, kann in Ruanda für 1.500 Dollar Berggorillas in ihrer freien Wildbahn erleben.
Ruanda, das Land der tausend Hügel
Auf diesen Hügeln wachsen Tee und Kaffee, die Ruanda exportiert, genauso wie seltene Metalle. Die Wirtschaft wächst seit Jahren nachhaltig um sechs bis sieben Prozent. Die Korruptionsrate ist niedrig, die Akademikerquote hoch. Doch vor allem auf dem Land gibt es auch in Ruanda noch alte Rollenbilder. Doch auch die brechen langsam auf. Durch Kaffeeunternehmerinnnen wie Agnes Mukamushinja. Dabei haben sich die Frauen Ruandas einen ganz eigenen Führungsstil angeeignet. Die meisten Frauen in Ruanda kritisieren nicht direkt, sondern diskret, selbst wenn sie in der stärkeren Position sind. Sie bewundern beispielsweise die Qualität der Kaffeepflanzen, untersuchen die Früchte und loben dann den Bauern, der sie hervorgebracht hat. Und wie beiläufig reißen Sie dabei das Unkraut aus. Das ist ihre Art, um ihre Geschäftspartner:innen auf Verbesserungsmöglichkeiten hinzuweisen.
Agnes Mukamushinja und ihr Projekt Nova Coffee
Auch Agnes Mukamushinja ist immer nah an ihren Mitarbeiter:innen, den Kaffeebauern und den Händlern. Sie will damit ein Beispiel für Verantwortungsbewusstsein geben, das es ihren Partner:innen ermöglicht, ihre Arbeit selbst zu bewerten und sich für die Sicherung der Qualität des Kaffees einzusetzen, den Nova Coffee anbietet. Für sie wird Kaffee immer ein Teil ihrer Lebensweise sein.
Die ehemalige Lehrerin, die nebenbei noch zwei blühende Apotheken in Kigali City besitzt, liebt es, »bei ihren Bäuerinnen in der abgelegenen Gegend Ruandas zu sein und hat im Kaffee ihre Berufung gefunden«. Eine Berufung mit der sie NOVA COFFEE zu einer bemerkenswerten Marke gemacht hat. Einer Marke, die Frauen hilft, auch in den ländlichen Regionen auf sinnvolle Art aus der Armut zu führen.
Ruanda, Kaffee und Frieden im Land der tausend Hügel
Sowohl in Ruanda selbst als auch unter internationalen Wissenschaftler:innen ist man der Meinung, dass die Frauen das Land befriedeten. Eine UNO-Studie stellt fest: »Sie konnten besser vergeben.« Eine Kaffee-Exporteurin formuliert es eine Nuance anders: »Wir hatten keine Wahl. Wir mussten verzeihen. Entweder du entscheidest dich, zu vergeben, oder du wirst wahnsinnig. Heute haben wir tatsächlich verziehen.« Und so arbeiten sie nun zusammen auf den Kaffeeplantagen im Land der tausend Hügel. Tutsi und Hutu – Hand in Hand.
Hier geht es zu unserem wunderbaren Kaffee aus Ruanda:
RWANDA Nova Café de Mamas – direkt importiert bei der wunderbaren Agnes Mukamushinja.
Große Teile des Inhalts wurden aus dem Artikel Ruanda – Frauen-Wunderland entnommen. Lesenswert:
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